Haushaltsrede 2020

Haushaltsrede Stadtrat Nettetal 2020
Hans-Willy Troost (Fraktionsvorsitzender)

- Es gilt das gesprochene Wort. -

Sehr geehrter Bürgermeister Wagner,

werte Kolleginnen und Kollegen aus dem Stadtrat,

Ich kann nicht garantieren, dass Sie nach meiner Rede klüger sein werden als jetzt. Das Einzige ,das jetzt schon feststeht , dass Sie nach meiner Rede älter sein werden.

Die Vorbereitung meiner diesjährigen Haushaltsrede war wirklich wieder eine große Herausforderung, denn wie im Film „Und jährlich grüßt das Murmeltier – ist die Redner Reihenfolge festgelegt. Mit welchen Inhalten kann ich als 5. Redner noch ihre Aufmerksamkeit gewinnen?

Mit der Feststellung, dass wir einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf haben wohl nicht. Trotzdem, es ist nicht selbstverständlich, dass unsere Stadt nicht nur für 2020 eine schwarze Null erreicht hat, sondern auch in der mittelfristigen HH Planung für die kommenden Jahre vertretbare Ergebnisse erkennbar sind. Für den zu erwartenden Abschwung sind wir bei Übererfüllung der Ausgleichsrücklage gut gerüstet. Unser Schuldenstand ist sehr hoch und steigt permanent weiter, ganz im Sinne von Herrn Dragi und Frau Lagarde, denn die steigenden Schulden basieren ausschließlich auf investiven Maßnahmen. Die Finanzierung ist durch extrem niedrige Zinsen begünstigt. Wir sollten langfristig Vorsorgemaßnahmen ins Auge nehmen für den Zeitpunkt, zu dem wir Anschlussfinanzierungen benötigen und zeitgleich das Zinsniveau gestiegen sein sollte. Aber das sind Aufgaben der Zukunft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese positiven Ergebnisse sind nicht allein einer überaus guten Konjunktur geschuldet, sondern auch das Ergebnisse jahrelanger Bemühungen von teilweise schmerzhaften Konsolidierungsmaßnahmen. In vielen Bereichen können wir nun die dringend notwendigen Rahmenbedingungen verbessern, insbesondere im Erscheinungsbild unserer Stadt. In Zeiten “billigen“ Geldes ist es vielleicht noch anspruchsvoller, die Geschichte von der Generationengerechtigkeit zu erzählen, aber nicht minder wichtig. Denn Sparen ist kein Selbstzweck und wir Freien Demokraten achten ja nicht auf solide Finanzen, weil es Spaß macht, sondern weil es richtig ist. Und weil man nur auf dieser Basis das machen kann, was auch richtig ist: nämlich investieren und gestalten.

Aber auch im konsumtiven Bereich sind wir mit steigenden Ausgaben unterwegs. Ich erwähne dabei nur den Personalbereich. Viele, bereits genehmigte Stellen, warten auf die Besetzung. In den Zeiten der Vollbeschäftigung eine echte Herausforderung. Nach unserer überschlägigen Zusammenstellung bieten wir über 1000 Arbeitsplätze an, bestehend aus Kernverwaltung, Nette-Betrieb, Stadtwerke, Krankenhaus mit den Untergesellschaften und der Baugesellschaft. Damit ist die Kommune mit Abstand der größte Arbeitsgeber unserer Stadt und in all diesen Bereichen tragen die Kommunalpolitiker Verantwortung und sorgen mit dafür, dass die Arbeitsbedingungen gut sind und das Einkommen auskömmlich ist.

Was wir vermissen, ist die Abarbeitung von Projekten aller Art. In 2018 wurde ja nach dem Ausscheiden von 2 Dezernenten und der Umsetzung von MoVerE- für moderne Verwaltungsentwicklung eine neue Struktur durch den Bürgermeister initiiert, die auch die Kernverwaltung von den Aufgaben des Nette-Betriebes weitgehend entlasten sollte. Was ist in 2019 nun geliefert worden? Bisher hatte man nur den Eindruck, dass die gleichen Schubladen weiterhin bestehen. Beispiel: Antrag FDP Kreuzstr. Schublage Mobilitätskonzept auf , Schublade zu. Antrag der Grünen: Bahnradwegverkehrsführung für die Radfahrer priorisieren, sie wissen schon: Schublade auf……. Oder warten wir alle auf das Wahljahr, damit dann Umsetzungserfolge gefeiert werden können?

Apropos feiern. Das Konzept für unser 50 Jahre Nettetal steht und ist finanziert. Die FDP Fraktion bedankt sich ganz herzlich u.a. bei Herrn Pergens und Frau Monz für die hervorragende Arbeit, die neben den eigentlichen Aufgaben im Fachbereich geleistet wurde. Nun liegt es an uns, kräftig mit zu feiern. Die Stadtteile haben sich hervorragend eingebracht. Wenn wir jedoch eine ehrliche Bestandsaufnahme vornehmen wird deutlich, auch nach 50 Jahren kann man diese Zwangsehe nicht als ganz glücklich bezeichnen. Die eigenen Kirchtürme bestimmen auch heute noch das Lebensgefühl und wir Kommunalpolitiker haben, nach wie vor, die Aufgabe, Brücken zu bauen. Ob ein Laserstrahl, der die Kirchtürme verbinden soll, eine solche Brücke sein kann, wird eine spannende Frage sein. Von den Schwierigkeiten zu Beginn der kommunalen Neugliederung sind wir jedoch meilenweit entfernt. Zu den ganz heftigen Auseinandersetzungen der einzelnen Gemeinden, die auch z.B. mit den Namen Karrenberg und Herfs verbunden sind, wird hoffentlich Herr Prof. Dr. Leo Peters in der Festschrift ausführen. Darauf dürfen wir alle gespannt sein.

Ein weiterer Grund zur Freude und ein Meilenstein in der Geschichte Nettetals ist die Entwicklung im Industrie- und Gewerbegebiet Nettetal- West. Die Investoren geben sich sprichwörtlich die Klinke in die Hand. Endlich ist der Knoten geplatzt. Es liegt unseres Erachtens im Wesentlichen daran, dass wir die Rahmenbedingungen an wesentlichen Punkten geändert haben. Mit der Aufgabe des Namens VENETE wurde auch das ursprünglich geplante Projekt einer grenzüberschreitenden Gewerbeentwicklung zwischen Venlo-Nettetal und Tegelen aufgegeben. Eine zweite, wichtige Änderung ist die Abkehr zur Priorisierung von Ansiedlungen im Bereich Agro-Business mit einer entsprechenden Wertschöpfungskette. Der dritte Punkt ist Abkehr zur Negierung von Logistikansiedlungen mit geringem Verhältnis von Flächenverbrauch und Arbeitsplätzen. Wie dem auch sei, jetzt gilt es nicht nach Ursachen aus der Vergangenheit zu schauen, sondern die Voraussetzungen für ein Nettetal-West 2 möglichst kurzfristig umzusetzen.

Meine Damen und Herren, man möge es uns nachsehen, dass wir an dieser Stelle die Feststellung treffen können, dass das im Genehmigungsverfahren befindliche Abfallumlade Projekt des Kreises nicht, wie behauptet, als Hindernis für andere Ansiedlungen gesehen werden kann. Alle bisher vorstellig gewordenen Investoren lehnen diese Sichtweise ab und verweisen auf das extrem aufwendige Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, mit seinen immens hohen Anforderungen in Bezug auf Verkehr, Lärmschutz, Abluftreinigung und Brandschutz. Es stimmt uns bedenklich, dass die informierten Vertreter der ablehnenden Fraktionen, sowie auch die Spitzen der Verwaltung, diese Informationen kommentarlos zur Kenntnis nehmen, aber ihre eigenen Positionen offensichtlich nicht in Frage stellen.

Abschließend möchte ich das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit beleuchten. Dieses Thema stand in der Vergangenheit nicht auf der Agenda. Es ist neu, obwohl die Umstände, die dieses Thema zur wichtigen Aufgabe machen wohl eine Jahrzehnte lange Lebensphilosophie zur Grundlage hat. Wir sollten bei allen Entscheidungen des Rates die Nachhaltigkeit als Prämisse prüfen.

Dabei würde ein integriertes Klimaschutzkonzept bessere Wirkungen erzielen, als Insellösungen. Für uns im ländlichen Raum ist in dieser Priorisierungsliste die Nahmobilität von besonderer Bedeutung. Von hoher Bedeutung wird der FDP Fraktion jedoch sein, dass die Umsetzung konzeptionell ist, nachvollziehbar für die Bürger und im Aufwand vertretbar. Nur bei Erfüllung solcher Grundsätze haben wir die Chance, dass sich Verhaltungsmuster ohne gesetzliche Gängelung ändern.

Die FDP Stadtratsfraktion wird dem Haushaltsentwurf 2020 und dem Stellenplan zustimmen.

Wir bedanken uns bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und natürlich insbesondere beim Kämmerer Norbert Müller und seinem Team.

Abschließend noch etwas, was meine Frau mir auf den Weg mitgegeben hat:

Wenn du heute Abend aufgerufen wirst, zu sprechen, dann richte dich gerade auf, damit dich alle sehen, sprich laut, damit dich alle hören und mach schnell Schluss, damit dich alle mögen.

In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit